Zugang der Betriebskostenabrechnung per Einwurfeinschreiben
Auf den Nachweis des Zugangs finden die Regeln über den Anscheinsbeweis selbst dann keine Anwendung, wenn der Vermieter die Betriebskostenabrechnung mittels Einwurfeinschreiben versandt hat.
Darum geht es
Die Parteien streiten über eine Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2005.
Die Vermieterin hatte eine Hausverwaltungsfirma mit der Erstellung der Betriebskostenabrechnung beauftragt. Einer ihrer Mitarbeiter brachte die Abrechnung am 28.12.2006 zur Post brachte und versandte sie als Einwurfeinschreiben. Der Postbote, der das Schreiben am 29.12.2006 in den Briefkasten des Mieters einwarf, bestätigte dies durch seine Unterschrift auf dem Auslieferungsbeleg.
Da es bei der Versendung der Abrechnungen aufgrund organisatorischer Probleme bei der Hausverwaltung zu Verwechslungen zwischen den jeweiligen Mietern gekommen war, die auch die hier streitgegenständliche Abrechnung betrafen, übersandte die Vermieterin dem Mieter im März 2007 eine berichtigte Abrechnung mit einem Nachzahlungsbetrag von 978,69 €. Nachdem der Mieter nicht zahlte, forderte sie ihn mit Schreiben vom 15.05.2007, dem auch ein Exemplar der berichtigten Betriebskostenabrechnung beilag, erneut zur Zahlung auf. Der Mieter erklärte, erstmalig mit diesem Schreiben von der Betriebskostenabrechnung für 2005 und den sich hieraus ergebenden Nachzahlungsbetrag überhaupt Kenntnis erlangt zu haben.
Die Vermieterin klagt die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung 2005 ein, der Mieter beantragt Klageabweisung und erhebt seinerseits Widerklage wegen eines nach Abzug der Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung 2004 von der Kaution verbliebenen Restguthabens und des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung 2006. Das Amtsgericht weist die Klage ab und gibt der Widerklage statt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Nach Auffassung des Gerichts ist die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung 2005 wegen Überschreitung der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB gem. Satz. 3 dieser Norm erloschen.
Da der Mieter den Zugang der Abrechnung am 29.12.2006 bestritten hat, hätte dieser von der Vermieterin bewiesen werden müssen. Diesen Beweis habe die Vermieterin nicht erbracht. Der von ihr als Zeuge angebotene Postbote erklärte bei seiner Einvernahme, sich nicht mehr erinnern zu können, ob er den konkreten, die Abrechnung enthaltenen Brief in den konkreten Briefkasten des Mieters geworfen habe. Der Umstand, dass der Zeuge zugleich erklärte, dass ihm während seiner ganzen Dienstzeit von 2002 bis 2007 insoweit keine Fehler unterlaufen seien, reicht nach Ansicht des Gerichts nicht aus, den konkreten Zugang zu belegen. Auch der vom Zeugen unterzeichnete Auslieferungsbeleg beweist den Zugang des Schreibens nicht, da sich aus ihm nicht ergibt, in welchem Briefkasten in welchem Haus die Postsendung eingeworfen wurde. Der Auslieferungsbeleg gibt nämlich lediglich die Postleitzahl und den Zustellbezirk an. Die Anschrift, unter der der Brief eingeworfen wurde, geht aus dem Beleg nicht hervor.
Das Gericht verneint auch die Anwendbarkeit der Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins zu Gunsten der Klägerin. Voraussetzung hierfür sei nämlich, dass ein typischer Geschehensablauf vorliege, bei dem nach der Lebenserfahrung von einem bestimmten Ereignis auf eine bestimmte Folge geschlossen werden könne. Dies sei bei der Absendung eines Einwurfeinschreibens nicht der Fall, da es nach der Lebenserfahrung auch unter normalen Verhältnissen immer wieder vorkomme, dass ein Einschreiben seinen Empfänger nicht erreicht. Der Umstand, dass die Anzahl dieser Fälle ausgesprochen gering sei, ändere nichts daran, dass weder der Verlust noch der Zugang einer Sendung typisch, sondern beides vielmehr etwa gleich wahrscheinlich sei. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass der Empfänger den Nachweis, dass er ein Schreiben nicht erhalten habe, in der Regel gar nicht führen könne, da es sich um eine negative Tatsache handle. Im übrigen könne der beweispflichtige Absender jederzeit auch andere, sicherere Übermittlungsmethoden wählen.
Anmerkung
Wie das Amtsgericht Köln haben auch andere Gerichte (z.B. LG Potsdam, Urt. v. 27.07.2000 - 11 S 233/99; AG Kempen, Urt. v. 22.08.2006 - 11 C 432/05, a.A. AG Erfurt, Urt. v. 20.06.2007 - 5 C 1734/06) im Hinblick auf den Nachweis des Zugangs eines Einwurfeinschreibens entschieden. Sofern gerade wegen eines drohenden Fristablaufs der Nachweis eines rechtzeitigen Zugangs erforderlich ist, sollte daher ein möglichst sicherer Übermittlungsweg gewählt werden. Allein die nachgewiesen rechtzeitige Absendung der Betriebskostenabrechnung innerhalb der laufenden Abrechnungsfrist lässt das Verschulden des Vermieters an einer etwaigen Verspätung des Zugangs im übrigen nicht entfallen (LG Düsseldorf, Urt. .v. 07.02.2007 - 23 S 108/06,WuM 2007, 132; AG Meißen, Urt. v. 24.08.2007 - 3 C 257/07, WuM 2007, 628; a.A. AG Leipzig, Urt. v. 06.09.2005 - 163 C 4723/05, ZMR 2006, 47).