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BGH: Keine Heizkostenabrechnung nach dem Abflussprinzip

Im Anwendungsbereich der Heizkostenverordnung (HeizKV) ist über die Heiz-und Warmwasserkosten zwingend nach dem Leistungsprinzip (und nicht nach dem Abflussprinzip) abzurechnen.

Vereinbaren die Parteien, dass der Mieter neben der Miete die Betriebskosten gesondert trägt und hierauf Vorauszahlungen leistet, hat der Vermieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB jährlich abzurechnen. Im Geltungsbereich der Heizkostenverordnung (HeizKV), also bei zentralbeheizten Gebäuden, Gebäuden mit Wärmelieferungen von Fernheizwerken und gewerblichen Heizwerkbetreibern (z.B. Nahwärmeversorgung, Direktwärmeversorgung und Blockheizwerke) steht es grundsätzlich nicht einmal im Belieben der Parteien, ob über die Heiz-und Warmwasserkosten abgerechnet werden soll. Vielmehr ist der Vermieter gemäß §§ 4, 6 HeizKV zur Erfassung des Verbrauchs und zur verbrauchsabhängigen Abrechnung sogar verpflichtet.

Hinsichtlich der in die Abrechnung einzustellenden Kosten sind zwei Alternativen denkbar:

Abrechnung nach dem Abflussprinzip

Nach dem so genannten Abflussprinzip kann der Vermieter all jene Betriebskosten in die Abrechnung einstellen, mit denen er während der Abrechnungsperiode selbst belastet wurde, ohne dass es zunächst darauf ankommt, ob die diesen Betriebskosten zugrundeliegenden Leistungen auch in dem abzurechnenden Zeitraum angefallen sind.

Abrechnung nach dem Leistungsprinzip

Nach dem Leistungsprinzip sind nur jene Betriebskosten zu berücksichtigen,  die tatsächlich in dem abzurechnenden Zeitraum entstanden sind. Bei Brennstoffkosten kommt es hiernach auf den Zeitpunkt der Lieferung des Brennstoffs bzw. der Ablesung des Verbrauchs durch den Lieferanten an und nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungstellung oder der Zahlung durch den Vermieter.

Leistungsprinzip oder Abflussprinzip?

Ob eine Betriebskostenabrechnung nach dem Leistungsprinzip erfolgen muss oder auch nach dem Abflussprinzip erfolgen kann, war lange umstritten. Außerhalb des Anwendungsbereichs der HeizkV ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 20.02.2008 – VIII ZR 47/07, NJW 2008, 1300 = DRsp Nr. 2008/5174) jedenfalls im laufenden Mietverhältnis eine Abrechnung nach beiden Prinzipien möglich, da die §§ 556 ff. BGB den Vermieter insoweit nicht auf die Abrechnung nach dem Leistungsprinzip festlegen (BGH, a.a.O.).

Ob dies auch für die Abrechnung nach der HeizkV gilt, hatte der BGH bisher offen gelassen. Mit seiner aktuellen Entscheidung (BGH, Urt. v. 01.02.2012 – VIII ZR 156/11) hat er nunmehr klargestellt, dass im Anwendungsbereich der HeizkV über die Heiz-und Warmwasserkosten zwingend nach dem Leistungsprinzip abzurechnen ist. Der Vermieter kann also nicht, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall geschehen, lediglich die während des Abrechnungszeitraums an den Energieversorger geleisteten Zahlungen einstellen. Er muss vielmehr den auf den abzurechnenden Zeitraum entfallenden tatsächlichen Brennstoffverbrauch ermitteln. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Regelung, z.B. § 7 Abs. 2 HeizKV, in der es heißt „die Kosten der verbrauchten Brennstoffe“. Bei Heizöllieferungen ist z.B. der Anfangsbestand zum Beginn des Abrechnungszeitraums vom Bestand am Ende des Abrechnungszeitraums zu subtrahieren. Bei mehreren Lieferungen innerhalb eines Abrechnungszeitraums ist nach dem Prinzip „First in – First out“ abzurechnen (Lammel in Schmidt-Futterer, 10. Aufl. § 6 HeizkV Rdn. 20). Nach dieser Methode ist neben dem Preis der letzten Lieferung der Brennstoffpreis aus der vorletzten Lieferung zu berücksichtigen.

Auswirkungen für die Praxis

Der BGH hat die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, wo der Vermieter Gelegenheit haben soll, seine Abrechnungen nachzubessern. Auch wenn die Entscheidung bislang nur stark verkürzt als Pressemitteilung und noch nicht im Volltext vorliegt, könnte dies darauf hindeuten, dass der BGH eine nicht nach dem Leistungsprinzip erstellte Heizkostenabrechnung lediglich als materiell und nicht auch als formell fehlerhaft ansieht. Wäre sie formell fehlerhaft, wäre die Klage abweisungsreif, da der Vermieter die fehlerhafte Abrechnung nach Ablauf der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB (zwölf Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums) nicht mehr korrigieren und seinen mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf die sich hieraus ergebende Abrechnung somit nicht mehr retten könnte.

Welche Auswirkungen die Entscheidung in der Praxis hat, muss sich erst noch zeigen. Bedeutsam ist sie dann, wenn das Mietverhältnis endet und der Vermieter eine Zwischenabrechnung vorzunehmen hat. Im laufenden Mietverhältnis dürfte das Problem jedenfalls in den Fällen, in denen sich der abzurechnende Zeitraum der Betriebskostenabrechnung mit dem Abrechnungszeitraum des Energieversorgers im Wesentlichen deckt, von vornherein nicht auftreten, da hier über den tatsächlich festgestellten Verbrauch abgerechnet wird. Lediglich dort, wo sich die Abrechnungszeiträume überschneiden, muss der Vermieter künftig eine saubere Abgrenzung vornehmen. Allerdings können die Parteien eine Umstellung und Anpassung des Abrechnungszeitraums für die Betriebskosten an den Abrechnungszeitraum z.B. des Energieversorgers vereinbaren und dabei auch eine einmalige Verlängerung des abzurechnenden Zeitraums über ein Jahr hinaus in Kauf nehmen, ohne dass dies gegen § 556 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 BGB verstößt (BGH, Urt. v. 27.07.2011 – VIII ZR 316/10, NJW 2011, 2878 = DRsp Nr. 2011/14535).

BGH, Urt. v. 01.02.2012 – VIII ZR 156/11

BGH, Pressemitteilung Nr. 18/2012 v. 01.02.2012

Vorinstanzen:

AG Königstein, Urt. v. 09.09.2010 ¬ 21 C 204/10 (19)
LG Frankfurt/Main, Urt. v. 12.04.2011 ¬ 2-17 S 128/10

Weiterführende Informationen:

Emmert, Anforderungen an eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung