BGH, Beschluss vom 08.02.2017 - Aktenzeichen XII ZB 586/15
Adoption minderjähriger Kinder durch nicht miteinander verheiratete Partner; Konkurrenz eines leiblichen Elternteils mit dem bisherigen rechtlichen Elternteil um die einfachrechtliche Zuweisung der Elternposition; Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses; Gleichbehandlung der Fremdkind- und der Stiefkindadoption
GG Art. 2 Abs. 1 , 6 Abs. 1 und 2 EMRK Art. 8 a) Eine mit ihrem Partner weder verheiratete noch in einer Lebenspartnerschaft lebende Person kann dessen Kind nicht annehmen, ohne dass zugleich das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihrem Partner und seinem Kind erlischt.b) Die in diesem Fall das Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses anordnenden Regelungen des §§ 1741 Abs. 2 , 1755 Abs. 1 BGB sind weder verfassungswidrig (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2013, 521 ) noch konventionswidrig (Abgrenzung zu EGMR FamRZ 2008, 377 ).
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. November 2015 wird auf Kosten der Antragsteller zurückgewiesen.
Wert: 5.000 €
Normenkette:
BGB § 1741 Abs. 2 ; BGB § 1755 Abs. 1 ; GG Art. 2 Abs. 1 ; GG Art. 6 Abs. 1 ; GG Art. 6 Abs. 2 ; EMRK Art. 8 ;Gründe
A.
Die nicht miteinander verheirateten Antragsteller begehren die Adoption der minderjährigen Kinder J. und G. durch den Antragsteller zu 1 mit der Maßgabe, dass diese die Stellung gemeinsamer Kinder der Antragsteller erlangen.
Die Antragstellerin zu 2 ist die leibliche Mutter der Anzunehmenden. Der leibliche Vater der Anzunehmenden ist im Jahr 2006 verstorben. Der Antragsteller zu 1 lebt seit 2007 mit der Kindesmutter in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich diese mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
B.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
I.
Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung damit begründet, eine Adoption mit der Rechtsfolge, dass die Anzunehmenden die Stellung gemeinschaftlicher Kinder der Antragsteller erlangen, sei nach derzeitiger Gesetzeslage nicht möglich.
Nach der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs sei der Gesetzgeber bei der Reform des Adoptionsrechts im Jahre 1976 von der Vorstellung ausgegangen, dass den Belangen des Kindeswohls bei der Annahme durch ein Ehepaar am besten Rechnung getragen werden könne. Das anzunehmende Kind solle mit dem Ziel, ihm ein beständiges und ausgeglichenes Zuhause zu verschaffen, in eine harmonische und lebenstüchtige Familie aufgenommen werden. Diese Familie gruppiere sich "in der Regel" um ein Ehepaar, so dass die Annahme des Kindes durch ein Ehepaar die besten Voraussetzungen für seine Entwicklung biete. Jede andere Lebensgemeinschaft als die Ehe sei rechtlich nicht abgesichert, um eine gemeinschaftliche Aufnahme des Kindes durch ihre Mitglieder zu rechtfertigen; es fehlten die Voraussetzungen, um das Kind rechtlich in diese Gemeinschaft einordnen zu können.
Das Bundesverfassungsgericht habe bislang nicht in Zweifel gezogen, dass der Gesetzgeber in typisierender Betrachtung die Ehe wegen ihres besonderen rechtlichen Rahmens als eine Lebensbasis für ein Kind ansehen dürfte, die den Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trage als eine rechtlich unverbindliche Paarbeziehung.
Zwar werde unter anderem in Anbetracht der sich wandelnden familiären Lebensformen die fortdauernde Rechtfertigung des Verbots der gemeinschaftlichen Adoption durch unverheiratete Paare in jüngerer Zeit auch im deutschen Schrifttum in Zweifel gezogen. Insbesondere werde geltend gemacht, dass der Gesetzgeber mit seiner typisierenden Annahme, die Bereitschaft der Annehmenden zur Eingehung einer rechtlich verbindlichen Lebensgemeinschaft und zur Übernahme der damit verbundenen familienrechtlichen Pflichten biete die beste Gewähr für stabile und kindeswohlverträgliche Lebensverhältnisse, eine Beurteilung des Kindeswohls vorwegnehme, die besser im Einzelfall getroffen werden sollte. Dennoch könne die seitens der Antragsteller begehrte Adoption - jedenfalls derzeit - mangels gesetzlicher Grundlage nicht angeordnet werden.
II.
Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Regelung des § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB eindeutig; sie lässt keine Auslegung im Sinne der Antragsteller zu. Die Regelung ist nicht verfassungswidrig. Schließlich gebietet auch die Europäische Menschenrechtskonvention keine andere Entscheidung.
1. Gemäß § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB kann derjenige, der nicht verheiratet ist, ein Kind nur allein annehmen. Ein Ehepaar kann ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen (§ 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB ). Außerdem kann ein Ehegatte ein Kind seines Ehegatten allein annehmen (§ 1741 Abs. 2 Satz 3 BGB - so genannte Stiefkindadoption). Nach § 1754 Abs. 1 BGB erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten, wenn ein Ehepaar ein Kind gemeinschaftlich oder ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten allein annimmt. In den übrigen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden (Absatz 2). § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB ordnet an, dass mit der Annahme das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten erlöschen. § 1755 Abs. 2 BGB regelt schließlich für die Stiefkindadoption, dass das Erlöschen nur im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten eintritt, wenn ein Ehegatte das Kind seines Ehegatten annimmt. Für die Lebenspartnerschaft regelt § 9 Abs. 7 LPartG , dass ein Lebenspartner ein Kind seines Lebenspartners allein annehmen kann; für diesen Fall gelten die §§ 1742, 1743 Satz 1, § 1751 Abs. 2 und 4 Satz 2, § 1754 Abs. 1 und 3, § 1755 Abs. 2, § 1756 Abs. 2, § 1757 Abs. 2 Satz 1 und § 1772 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c BGB entsprechend.
a) Daraus folgt, dass de lege lata eine nicht verheiratete und nicht verpartnerte Person das Kind ihres Lebensgefährten nur mit der Folge annehmen kann, dass das Verwandtschaftsverhältnis des anderen zu seinem Kind erlischt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen, dass sich der Gesetzgeber lediglich gegen die gemeinschaftliche Annahme eines (fremden) Kindes durch nicht miteinander verheiratete Personen ausgesprochen habe.
In § 1741 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber ausdrücklich zwischen nicht verheirateten und verheirateten Personen unterschieden. Während er für erstere pauschal geregelt hat, dass diese ein Kind "nur allein" annehmen können, hat er für Ehegatten differenziert. Diese können ein (fremdes) Kind gemeinschaftlich oder ein Ehegatte kann das Kind seines Ehegatten allein annehmen. Demgemäß ist in § 1755 Abs. 2 BGB für den Fall der Stiefkindadoption angeordnet, dass das Verwandtschaftsverhältnis in diesem Fall nur im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten erlischt. Für den Fall der Annahme eines Kindes durch eine nicht verheiratete oder verpartnerte Person fehlt eine entsprechende gesetzliche Regelung.
Diese Normen ermöglichen damit verheirateten Annehmenden, gemeinsam Eltern zu werden, sei es für ein (fremdes) Kind, sei es im Fall der Annahme des Kindes eines der Ehegatten (oder im Fall der Lebenspartnerschaft eines der Lebenspartner); in beiden Fällen sollen die Kinder - so die ausdrückliche Regelung des § 1754 Abs. 1 BGB - die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes erlangen. Bei dieser Regelungssystematik hat sich der Gesetzgeber von dem Gedanken leiten lassen, dass das anzunehmende Kind in eine "harmonische und lebenstüchtige Familie" aufgenommen werden soll. Diese Familie gruppiere sich in der Regel um ein Ehepaar, so dass die Annahme des Kindes durch ein Ehepaar die besten Voraussetzungen für seine Entwicklung biete (BT-Drucks. 7/3061 S. 28; zur Lebenspartnerschaft vgl. BT-Drucks. 15/3445 S. 15). Wenn ein Ehegatte das eheliche oder nichteheliche Kind des anderen Ehegatten annehme, erlange das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten (§ 1754 BGB -E), also die gleiche Stellung wie bei der Annahme durch das Ehepaar. Auch insoweit bestehe kein Anlass für eine Einschränkung dieser Rechtsfolge (BT-Drucks. 7/3061 S. 30). Hieraus und aus den bereits dargestellten flankierenden Regelungen folgt, dass der Gesetzgeber insoweit keinen Unterschied zwischen der Fremdkind- und der Stiefkindadoption gemacht hat.
b) Demgegenüber hat der Gesetzgeber für nicht verheiratete Personen keine der Stiefkindadoption vergleichbare Regelung geschaffen. Deshalb kann eine nicht verheiratete Person ein Kind de lege lata nur allein annehmen, so dass das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zum Lebensgefährten gemäß § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB erlischt (so klarstellend auch Dethloff Familienrecht 31. Aufl. § 15 Rn. 16). Diese nach dem Wortlaut, nach Sinn und Zweck, nach der systematischen Stellung der Normen und nach dem Willen des Gesetzgebers eindeutigen Regelungen lassen eine teleologische Reduktion nicht zu.
2. Entgegen der Anregung der Rechtsbeschwerde besteht auch kein Anlass für eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG . Der Senat erachtet die §§ 1741 Abs. 2 und 1755 Abs. 1 BGB nicht für verfassungswidrig.
Die Antragsteller werden durch die Versagung der beantragten Adoption weder in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG noch aus Art. 6 Abs. 1 GG oder aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Ebenso wenig werden die anzunehmenden Kinder in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.
a) Gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
aa) Personen sind schon nicht deshalb Eltern im Sinne des Grundgesetzes , weil sie gegenüber dem Kind ihres Lebensgefährten die soziale Funktion eines zweiten Elternteils wahrnehmen. Zwar misst das Grundgesetz der sozialen Eltern-Kind-Beziehung verfassungsrechtliche Bedeutung bei. Konkurriert ein leiblicher Elternteil mit dem bisherigen rechtlichen Elternteil um die einfachrechtliche Zuweisung der Elternposition, kann das Bestehen einer sozialfamiliären Beziehung zum Kind von Verfassungs wegen über diese Zuweisung entscheiden, weil auch die soziale und personale Verbundenheit zwischen Eltern und Kind Voraussetzung dafür ist, entsprechend dem Elternrecht Verantwortung für das Kind tragen zu können (vgl. § 1600 Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 2 und 4 BGB ). Kann soziale Elternschaft demnach verfassungsrechtlich notwendige Bedingung für die einfachgesetzliche Zuweisung der Elternrolle sein, so ist sie doch für sich genommen nicht hinreichende Voraussetzung verfassungsrechtlicher Elternschaft. Soziale Elternschaft allein begründet mithin grundsätzlich keine Elternposition im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und vermittelt damit auch kein Recht auf Adoption. Dem verfassungsrechtlichen Schutzbedarf der familiären Bindungen zwischen einem Kind und der Person, die ihm gegenüber eine soziale Elternrolle übernommen hat, ohne rechtlich Elternteil zu sein, wird vielmehr durch den Familienschutz des Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung getragen, der vom formalen Elternstatus unabhängig ist (BVerfG FamRZ 2013, 521 , 524 f. mwN).
bb) Hieraus folgt, dass der Antragsteller zu 1 allein wegen seiner sozialen Elternschaft nicht in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG fällt. Die Antragstellerin zu 2 ist demgegenüber in ihrem Elternrecht ersichtlich nicht beeinträchtigt, weil in ihre Rechtsposition durch die Versagung der Adoption nicht eingegriffen wird.
b) Ebenso wenig ist Art. 6 Abs. 1 GG verletzt, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen.
aa) Die tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft von Eltern mit Kindern ist als Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt. Die leibliche und seelische Entwicklung der prinzipiell schutzbedürftigen Kinder findet in der Familie und der elterlichen Erziehung eine wesentliche Grundlage. Weil das Familiengrundrecht auf den Schutz der spezifisch psychologischen und sozialen Funktion familiärer Bindungen zielt, setzt der Grundrechtsschutz den Bestand rechtlicher Verwandtschaft nicht voraus. Der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG reicht insofern über das Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG hinaus, als er auch Familiengemeinschaften im weiteren Sinne einbezieht, die als "soziale Familien" vom Bestehen rechtlicher Elternschaft unabhängig sind (BVerfG FamRZ 2013, 521 , 525 mwN).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts greift eine versagte Adoption allerdings nicht in das Familiengrundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG ein (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 521 , 525 f. mwN zur Sukzessivadoption). Dieses garantiert als Abwehrrecht insbesondere das Zusammenleben der Familienmitglieder und die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Der Ausschluss der Möglichkeit einer Adoption betrifft das tatsächliche Zusammenleben des Paares und des Kindes nicht unmittelbar. Zwar hat der Adoptionsausschluss insofern Einfluss auf das familiäre Zusammenleben, als dem Lebensgefährten des rechtlichen Elternteils gegenüber dessen Kind bestimmte elterntypische rechtliche Befugnisse verwehrt bleiben, so dass die beiden Lebensgefährten die Erziehungsaufgaben nicht ohne Weiteres gleichberechtigt wahrnehmen können. Im Ergebnis ist die Verwehrung der Adoption jedoch von der insoweit maßgebenden Befugnis des Gesetzgebers zur rechtlichen Ausgestaltung der Familie gedeckt (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 521 , 525 f. mwN).
Mit der Regelung der Adoptionsmöglichkeiten definiert der Gesetzgeber eine Form der Erlangung des Elternstatus. Die Adoption ist ein rechtlicher Vorgang, der dem Einzelnen überhaupt erst durch gesetzliche Regelung verfügbar wird. Regelungen über Adoptionsmöglichkeiten nehmen keine familiäre Freiheit, sondern gestalten diese aus, indem sie weitere Möglichkeiten rechtlich anerkannter Familienbeziehungen eröffnen. Auch die Entscheidung des Gesetzgebers, eine Adoptionsmöglichkeit nicht zu gewähren, ist grundsätzlich noch der Ausgestaltungsdimension des Grundrechts zuzurechnen; Ausgestaltung schließt die Verwehrung bestimmter Entfaltungsmöglichkeiten ein (BVerfG FamRZ 2013, 521 , 526 mwN).
bb) Der gesetzgeberische Ausgestaltungsspielraum ist durch die Verwehrung der Adoption nicht überschritten. Gerade weil das Familiengrundrecht Beziehungen einschließt, die - wie hier zwischen dem Antragsteller und den anzunehmenden Kindern - einem Eltern-Kind-Verhältnis gleichkommen, ohne vom Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ) erfasst zu sein, ist der Gesetzgeber nicht aus Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet, in jedem Fall einer faktischen ElternKind-Beziehung das volle Elternrecht zu gewähren. Ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 GG schon für den Ehegatten eines rechtlichen Elternteils kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Ermöglichung einer Adoption, gilt dies erst recht für den nicht mit dem rechtlichen Elternteil verheiraten Lebensgefährten (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 521 , 526 mwN zur Sukzessivadoption).
c) Ferner werden die Antragsteller durch die Regelungen der §§ 1741 Abs. 2 und 1755 Abs. 1 BGB auch nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich insbesondere aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (BVerfG FamRZ 2013, 521 , 526 mwN).
Nach diesen Grundsätzen ist im Rahmen einer Adoption ein gegenüber dem bloßen Willkürverbot deutlich strengerer Prüfungsmaßstab anzuwenden. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen gehen schon deshalb über das bloße Willkürverbot hinaus, weil die Verwehrung der Adoption für die Persönlichkeitsentfaltung wesentliche Grundrechte des Kindes betrifft. Berührt ist insbesondere die Gewährleistung elterlicher Pflege (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ); die Verwehrung der Adoption schließt aus, dass das Kind einen zweiten rechtlichen Elternteil erhält, der die von der Verfassung zuvörderst den Eltern zugedachte Sorge für die Entfaltung des Kindes in vollem Umfang übernehmen könnte. Die mit der Verwehrung der rechtlich vollwertigen Elternstellung verbundenen Beschränkungen elterlicher Befugnisse erschweren auch das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Zusammenleben des Kindes mit seinen Eltern, weil sie einer gleichberechtigten Wahrnehmung der Elternverantwortung durch beide Lebenspartner entgegenstehen. Beeinträchtigt ist zudem die für die Entwicklung des Kindes wichtige, durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Stabilisierungsfunktion der Familie, weil der in einem solchen Fall geltende Ausschluss einer Adoption durch den Stiefelternteil dem Kind den Eindruck vermitteln kann, sein Familienverhältnis sei weniger wertvoll als das Familienverhältnis anderer Stiefkindfamilien, in denen die Eltern verheiratet sind (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 521 , 526 mwN zur Sukzessivadoption).
bb) Gemessen hieran ist es von Rechts wegen allerdings nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber verheirateten oder in einer Lebenspartnerschaft lebenden Personen eine gemeinsame Adoption ermöglicht, während er bei nicht verheirateten Personen nur eine alleinige Annahme vorsieht.
Der Gesetzgeber durfte die beiden Vergleichsgruppen ungleich behandeln. Der von ihm erstrebte Zweck, den anzunehmenden Kindern eine stabile Elternbeziehung zu gewährleisten, ist legitim. Wenn der Gesetzgeber hierfür maßgeblich auf eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft in Form einer Ehe bzw. einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (vgl. § 9 Abs. 7 LPartG ) abstellt, liegt das noch in seinem gesetzgeberischen Ermessen. Auch wenn sich ein gesellschaftlicher Wandel vollzieht, wonach immer mehr Kinder aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften hervorgehen und deshalb möglicherweise eine gemeinschaftliche Adoption auch für diese Partner denkbar erscheint (vgl. dazu Senatsbeschluss BGHZ 206, 86 = FamRZ 2015, 1479 Rn. 41; Dethloff Familienrecht 31. Aufl. § 15 Rn. 17; Erman/Saar BGB 14. Aufl. § 1741 Rn. 18; s. auch Staudinger/Frank BGB [2007] § 1741 Rn. 36 mwN), ändert das nichts daran, dass sich die Ehe von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft rechtlich deutlich abhebt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Beschränkung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für künstliche Befruchtung auf Ehepaare (BVerfG FamRZ 2007, 529 , 531) ausgeführt, dass der Gesetzgeber auch in typisierender Betrachtung die Ehe wegen ihres besonderen rechtlichen Rahmens als eine Lebensbasis für ein Kind ansehen darf, die den Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trägt als eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. So sei die Ehe nach § 1353 Abs. 1 BGB auf Lebenszeit angelegt und nur unter den Voraussetzungen der Aufhebung (§§ 1313 ff. BGB ) oder Scheidung (§§ 1564 ff. BGB ) wieder auflösbar, während nichteheliche Lebensgemeinschaften jederzeit beendet werden könnten, auch wenn diese sich im konkreten Fall als eine feste Bindung erwiesen. Die ehelichen Bindungen böten einem Kind grundsätzlich mehr rechtliche Sicherheit, von beiden Elternteilen betreut zu werden. Auch seien Ehegatten einander nach § 1360 BGB gesetzlich verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie zu unterhalten. Dieser Unterhalt sei mit auf die Bedürfnisse der gemeinsamen Kinder ausgerichtet, begünstige auch sie und bestimme maßgeblich ihre wirtschaftliche und soziale Situation. Eine solche Verpflichtung bestehe bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht. Hier beschränke sich die Pflicht zur Unterhaltszahlung auf den Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB , den derjenige Elternteil für begrenzte Zeit beanspruchen könne, der das Kind allein betreue. Zudem werde die wirtschaftliche und soziale Situation eines ehelichen Kindes durch die für die Ehe geltenden besonderen güter-, versorgungs- und erbrechtlichen Regelungen gestärkt (BVerfG FamRZ 2007, 529 , 531 mwN).
d) Ebenso wenig werden die anzunehmenden Kinder in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.
aa) Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verleiht dem Kind ein Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung.
Die staatliche Verpflichtung, die Wahrnehmung der Pflege- und Erziehungsverantwortung durch die Eltern zu sichern, wurzelt in der grundrechtlichen Schutzpflicht gegenüber dem Kind. Wie der Staat seine Verpflichtung zu einem effektiven Grundrechtsschutz erfüllt, ist in erster Linie vom Gesetzgeber zu entscheiden. Zunächst befindet er darüber, welche Schutzmaßnahmen er für zweckdienlich und geboten hält, um einen wirksamen Schutz zu gewährleisten. Die aus den Grundrechten folgenden subjektiven Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe einerseits und die sich aus der objektiven Bedeutung der Grundrechte ergebenden Schutzpflichten andererseits unterscheiden sich insofern grundlegend voneinander, als das Abwehrrecht in Zielsetzung und Inhalt ein bestimmtes staatliches Verhalten fordert, während die Schutzpflicht grundsätzlich unbestimmt ist. Wie die staatlichen Organe ihre Schutzpflicht erfüllen, ist von ihnen in eigener Verantwortung zu entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht betont deshalb in ständiger Rechtsprechung, dass die Aufstellung und normative Umsetzung eines Schutzkonzepts Sache des Gesetzgebers ist, dem grundsätzlich auch dann ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt, wenn er dem Grunde nach verpflichtet ist, Maßnahmen zum Schutz eines Rechtsguts zu ergreifen (BVerfG FamRZ 2013, 521 , 523).
bb) Die Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Spielraums sind hier indes schon deshalb nicht überschritten, weil die betroffenen Kinder nicht elternlos sind, sondern mit der Antragstellerin einen Elternteil im Rechtssinne haben (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 521 , 523). Außerdem bleibt es den Antragstellern unbenommen, die Ehe zu schließen und so in eine gemeinschaftliche Elternstellung einzurücken.
3. Schließlich verletzen die Regelungen der §§ 1741 Abs. 2 und 1755 Abs. 1 BGB die Antragsteller auch nicht in ihrem von Art. 8 EMRK geschützten Recht auf Achtung des Familienlebens.
a) Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person unter anderem das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Nach Absatz 2 darf eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
aa) In der von der Rechtsbeschwerde bemühten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgendem: Gerichtshof) hatte dieser die Adoption einer behinderten Volljährigen nach schweizerischem Recht zu beurteilen. Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass es gegen Art. 8 EMRK verstößt, wenn das maßgebende nationale Recht die Rechte und Pflichten der leiblichen Mutter gegenüber dem Kind als Folge der Adoption erlöschen lässt ( EGMR FamRZ 2008, 377 f.).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs beschränkt sich der Begriff der "Familie" in Art. 8 EMRK nicht auf Beziehungen, die auf einer Ehe beruhen, sondern schließt auch faktische "Familienbande" ein, wenn die Parteien nichtehelich zusammenleben. Den Staat trifft dort, wo ein Familienband zu einem Kind besteht, die Verpflichtung, so zu handeln, dass dieses Band sich entwickeln kann, und die Integration des Kindes in seine Familie durch rechtliche Schutzmaßnahmen zu ermöglichen ( EGMR FamRZ 2008, 377 , 378).
Ein Abbruch der Mutter-Kind-Beziehung als Folge der Adoption stellt nach Auffassung des Gerichtshofs einen Eingriff in das Recht der Betroffenen auf Achtung ihres Familienlebens dar. Ein solcher Eingriff lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 2 EMRK vorliegen. Danach muss der Eingriff "vorgesehen sein durch das Gesetz", motiviert durch ein legitimes Ziel und "notwendig in einer demokratischen Gesellschaft", um dieses Ziel zu erreichen ( EGMR FamRZ 2008, 377 , 378).
Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zwar anerkannt, dass "die Logik dieser Konzeption der Adoption" (also der Abbruch der Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern) für minderjährige Personen gültig ist und überdies der von der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten des Europarats vertretenen Auffassung entspricht. Im Folgenden hat er aber ausgeführt, "dass dieselbe Argumentation (...) auf die besonderen Umstände, wie sie im gegenwärtigen Fall vorliegen, der eine volljährige, aber behinderte Person betrifft, und zu deren Adoption alle Beteiligten frei und klar ihr Einverständnis erklärt haben", nicht angewandt werden könne. Hier liege eine Situation vor, welche die "Existenz von Elementen einer Abhängigkeit impliziert, die über die normalen affektiven Bindungen hinausgehen" ( EGMR FamRZ 2008, 377 , 378).
bb) Das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Unverheiratete entsprach den seinerzeitigen Vorgaben durch Art. 6 Abs. 1 des Europäischen Adoptionsübereinkommens vom 24. April 1967 (BGBl. II 1980 S. 1094 , 1096 ). Seither haben im europäischen Rechtskreis eine Reihe nationaler Rechtsordnungen auch Partnern einer rechtlich unverbindlichen Lebensgemeinschaft die Möglichkeit der gemeinschaftlichen Annahme eines Kindes eröffnet, und zwar auch gleichgeschlechtlichen Partnern. Das revidierte Europäische Adoptionsübereinkommen vom 27. November 2008 trägt diesem Umstand in Art. 7 Abs. 2 Satz 2 Rechnung und erlaubt den Vertragsstaaten, den Anwendungsbereich des Übereinkommens auf gleich- oder verschiedengeschlechtliche Paare auszudehnen, sofern diese "in einer stabilen Beziehung" leben (BGBl. II 2015 S. 2 , 6 - Senatsbeschluss BGHZ 206, 86 = FamRZ 2015, 1479 Rn. 40 mwN). Dabei handelt es sich insoweit jedoch lediglich um eine Öffnungsklausel, nicht aber bereits um eine (bindende) Wertentscheidung.
b) Gemessen hieran stellen sich die Regelungen der §§ 1741 Abs. 2 und 1755 Abs. 1 BGB nicht als konventionswidrig dar (aA BeckOK BGB/Enders [Stand: 1. November 2016] § 1741 Rn. 30.1; Henrich FamRZ 2008, 379 ).
Vielmehr hat der Gerichtshof den Abbruch der Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern bei der Adoption Minderjähriger im Grundsatz anerkannt. Nur bei den von ihm bei seiner Entscheidung zugrunde liegenden besonderen Umständen des Falls, der eine volljährige, aber behinderte Person betraf, hat er eine Verletzung von Art. 8 EMRK erkannt. Jener Fall unterscheidet sich von dem vorliegenden allerdings in mehrfacher Hinsicht. Zum einen sind die Kinder minderjährig. Für diese hat der deutsche Gesetzgeber im Interesse des Kindeswohls eine Stiefkindadoption weiterhin an eine besonders gefestigte Beziehung der Annehmenden in Form einer Ehe oder Lebenspartnerschaft geknüpft. Zum anderen lässt das hier maßgebliche deutsche Recht bei einer Volljährigenadoption gemäß § 1770 Abs. 2 BGB die verwandtschaftlichen Beziehungen des Angenommenen grundsätzlich unberührt.
c) Mithin fehlt es bereits an einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention . Deshalb kann die Frage unbeantwortet bleiben, ob der Senat ein seiner Auffassung nach zwar verfassungsgemäßes, aber gleichwohl konventionswidriges - und einer konventionskonformen Auslegung nicht zugängliches - Gesetz entsprechend Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen hat (so Klinkhammer ZfPW 2015, 5, 22 f.).
4. Schließlich steht es den Antragstellern frei, die Ehe zu schließen und damit den Weg für eine gemeinschaftliche Elternschaft zu eröffnen. Allein der Hinweis auf eine dann wegfallende Witwenrente vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil die Ehe dadurch gekennzeichnet ist, dass die Eheleute - worauf das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hat - auch wirtschaftlich füreinander einstehen, was nicht zuletzt mit entsprechenden Unterhaltsansprüchen und einem Versorgungsausgleich einhergeht (krit. allerdings EGMR FamRZ 2008, 377 , 378).