Coronabedingte Sonderleistungen mit unterhaltsrechtlicher Relevanz – ein Überblick
Die Covid19-Pandemie hat Auswirkungen, auch auf das Unterhaltsrecht. In diesem Artikel lesen Sie, welche Besonderheiten jetzt zu beachten sind und wie sie sich unterhaltsrechtlich auswirken.
Unterhaltsstreit: Welche Auskünfte müssen Selbständige geben?
In welchem Umfang müssen Selbständige in einem Unterhaltsstreit Auskunft über ihr Einkommen geben? Das OLG München hat entschieden, dass sich die Auskunftsverpflichtung zwar auf den Gewinn erstreckt, aber kein Auskunftsanspruch über die zugrundeliegenden Geschäftsvorfälle besteht. Auskünfte sind nur so zu erteilen, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich sind.
Unterhaltsansprüche: BGH ändert Rechtsprechung zum Abänderungsverfahren
Ein Herabsetzungsantrag des Unterhaltsschuldners kann nach einem vorangegangenen erfolglosen Antrag des Gläubigers auf Erhöhung des Unterhalts ggf. auch auf solche Tatsachen gestützt werden, die schon im vorherigen Verfahren zu berücksichtigen gewesen wären. Das hat der BGH entschieden und damit seine Rechtsprechung zur Präklusion im unterhaltsrechtlichen Abänderungsverfahren geändert.
Unterhaltsvereinbarung: Verwirkung bei einer Wertsicherungsklausel
Auch wenn eine Forderung mehr als 30 Jahren nicht geltend gemacht wurde, muss für eine Verwirkung zu dem Zeitmoment ein besonderer Umstandsmoment hinzutreten, wonach der Schuldner annehmen darf, dass die Forderung endgültig nicht mehr geltend gemacht werden soll. Das hat das Kammergericht Berlin im Fall einer Wertsicherungsklausel in einer Unterhaltsvereinbarung entschieden.
Unterhalt: Wann sind Ansprüche nicht mehr durchsetzbar?
Ein Unterhaltsanspruch kann schon vor Eintritt der Verjährung und während der Hemmung verwirkt sein. Durch bloßes Unterlassen der Geltendmachung des Unterhalts oder der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung tritt aber keine Verwirkung ein. Das hat der BGH entschieden. Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf die Frage der Verwirkung von titulierten Unterhaltsansprüchen.
Elternunterhalt: Altersvorsorge und Tilgung bei Eigenheim
Tilgungsleistungen sind neben den Zinsen für ein Eigenheim bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen. Nur die den Wohnwert nach Abzug der Zinsen übersteigenden Tilgungsleistungen müssen bei einer zusätzlichen Altersvorsorge als Vermögensbildung angerechnet werden. Das hat der BGH entschieden. Dabei kann gerade der anwaltliche Sachvortrag wichtig sein.
Wann können Unterhaltsvereinbarungen geändert werden? Das OLG Hamm hat entschieden, dass der in einem Vergleich vor der Einführung des § 1578b BGB geregelte Nachscheidungsunterhalt wegen Änderung der Geschäftsgrundlage durch eine Begrenzung oder Befristung abgeändert werden kann. Auch zur Darlegungs- und Beweislast beim ehebedingten Nachteil äußerte sich das Gericht näher.
Unterhalt: Berücksichtigung des ehebedingten Nachteils
Der ehebedingte Nachteil des unterhaltsberechtigten Ehegatten begrenzt die Herabsetzung seines nachehelichen Unterhaltsanspruchs gem. § 1578b BGB und ist nicht hälftig zu verteilen, sondern in voller Höhe zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Das hat der BGH entschieden und damit der Ansicht widersprochen, dass ein ehebedingter Nachteil zwischen den Ehegatten aufzuteilen ist.
Familienunterhalt bei Pflegebedürftigkeit
Wird ein Ehegatte stationär pflegebedürftig, entsteht ein besonderer persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. Der Anspruch auf Familienunterhalt richtet sich dann ausnahmsweise auf die Zahlung einer Geldrente. Der Unterhaltsschuldner kann in diesem Fall einen entsprechenden Selbstbehalt geltend machen. Das hat der BGH entschieden.
Elternunterhalt: Leistungsfähigkeit unverheirateter Eltern
Der BGH hat entschieden, dass eine eventuelle Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt für die Bemessung der Leistungsfähigkeit bei der Zahlung von Elternunterhalt berücksichtigt werden kann. Im Streitfall sollte der unverheiratete Sohn zunächst die Pflegekosten seines Vaters teilweise erstatten – auf den „Familienselbstbehalt“ verheirateter Eltern konnte er sich aber nicht berufen.