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Versagung von Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz

Einem beteiligten Ehegatten kann Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz in der Versorgungsausgleichsfolgesache nicht deswegen versagt werden, weil er selbst keine Beschwerde eingelegt hat.

Darum geht es

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich der Beteiligten dahin geregelt, dass

  • zulasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund im Wege der internen Teilung 1,6635 Entgeltpunkte übertragen werden und
  • hinsichtlich der Anrechte des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Ausgleichswert: 0,0606 Entgeltpunkte) ein Wertausgleich bei der Scheidung wegen Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht stattfindet.

Gegen den Ausschluss des Ausgleichs des Anrechts des Antragsgegners hat die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See Beschwerde eingelegt. Das OLG hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Beschwerde begründet sein dürfte, und neue Auskünfte der Rentenversicherungsträger eingeholt. Die Antragstellerin hat sodann Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Das OLG hat ihren Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Verfahrenskostenhilfe sei nicht zu bewilligen, wenn ein Beteiligter nur „verfahrensbegleitend“ seine Rechte wahrnehme. Für die bloße Mitteilung, dass dem Beschwerdebegehren nicht entgegengetreten werde, sei eine anwaltliche Vertretung ebenso wie bei einem Anerkenntnis nicht geboten. Für die bloße anwaltliche Beratung genüge das Institut der Beratungshilfe. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der BGH hebt die Entscheidung des OLG auf und bewilligt der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Der Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe kann nicht deswegen infrage gestellt werden, weil mit dem Versorgungsträger bereits ein anderer Verfahrensbeteiligter oder das Gericht die Interessen der Ehegatten wahrt (vgl. auch BGH, Beschl. v. 13.06.2012 – XII ZB 218/11, DRsp-Nr. 2012/14566). In Anbetracht der Komplexität der Materie muss es diesen vielmehr auch im Beschwerdeverfahren möglich sein, den Versorgungsausgleich bei der Scheidung sachgerecht zu beurteilen und ggf. richtigstellend einzugreifen. Zur Wahrung ihrer Rechte benötigt die Antragstellerin rechtskundige Unterstützung, schon weil sie die Richtigkeit der vom OLG eingeholten neuen Auskünfte und die sich aus diesen ergebenden rechtlichen Folgen für den Versorgungsausgleich aus eigener Kenntnis nicht beurteilen kann.

Die Beratungshilfe stellt insoweit keine gleichwertige Alternative dar und vermag die Verfahrenskostenhilfe zur Ermöglichung der sachgerechten Beteiligung im Beschwerdeverfahren nicht zu ersetzen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Nach § 149 FamFG erstreckt sich die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für die Scheidungssache auf eine Versorgungsausgleichsfolgesache, sofern nicht eine Erstreckung ausdrücklich ausgeschlossen wird. Verfahrenskostenhilfe für die Scheidungssache ist jedoch ohne Rücksicht darauf zu bewilligen, ob der Antragsgegner der Scheidung widerspricht oder zustimmt. Die Verfahrenskostenhilfe steht demnach selbst demjenigen Beteiligten zu, der der Scheidung zustimmt und zum Versorgungsausgleich keinen eigenen Antrag stellt.

Dies gilt in erster und zweiter Instanz gleichermaßen. Die früher herrschende Meinung ging davon aus, dass, wenn das Beschwerdeverfahren nur durch einen Versorgungsträger betrieben wird und die beteiligten Ehegatten nur verfahrensbegleitend ihre Rechte ohne eigenen Antrag wahrnehmen, keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden könne (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.10.2012 – 2 UF 85/12, DRsp-Nr. 2012/21534 und OLG Hamm, Beschl. v. 18.06.2009 – 2 UF 114/09, DRsp-Nr. 2009/26067). Etwas anderes könne nur gelten, wenn der beteiligte Ehegatte ein eigenes Interesse verfolgt (OLG Hamm, Beschl. v. 29.01.2013 – II-2 WF 255/12, DRsp-Nr. 2013/4080).

Der BGH nimmt dagegen im Ergebnis stets ein berechtigtes Interesse des Ehegatten an, wenn sich dieser im durch einen Versorgungsträger betriebenen Beschwerdeverfahren meldet. Die Rechtsanwälte werden sich freuen.

Praxishinweis

Der BGH weist darauf hin, dass es nicht ausgeschlossen ist, die Verfahrenskostenhilfe in Einzelfällen wegen Mutwilligkeit zu versagen. Daher sollte zumindest kurz dargestellt werden, welches Ziel der Ehegatte im Beschwerdeverfahren verfolgt. Schon der Hinweis, die vom Versorgungsträger vorgebrachten Gründe überprüfen zu wollen, dürfte jedoch genügen.

Weiter zum Volltext: BGH, Beschl. v. 16.01.2014 – XII ZB 413/12, DRsp-Nr. 2014/2538

Lesen Sie hierzu auch: Checkliste: Mandantengespräch Verfahrenskostenhilfe