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Fahrtkosten in der Verfahrenskostenhilfe

Bei Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe (VKH) sind Fahrtkosten in Höhe 5,20 € pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu berücksichtigen.

Darum geht es

Für sein Scheidungsverfahren bewilligte das Amtsgericht dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe gegen Zahlung monatlicher Raten i. H. v. 95 €, wobei es im Rahmen der Werbungskosten berufsbedingte Fahrtkosten für eine einfache Strecke von 24 km in Höhe von (24 km x 5,20 €/km =) 125 € berücksichtigte. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers blieb vor dem OLG erfolglos. Mit seiner vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte der Antragsteller den Ansatz von Fahrtkosten entsprechend den Unterhaltsleitlinien in Höhe von 316,80 € (22 Arbeitstage x 28 km x 2 x 0,30 €/km) weiter.

Entscheidungsgründe

Der BGH wies die zulässige Rechtsbeschwerde als unbegründet zurück. Da dem Antragsteller keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stünden, sei die Ermittlung der Fahrtkosten in Anlehnung an § 3 Abs. 6 Nr. 2 Buchst. a) der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII (DVO) nicht zu beanstanden, wonach pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte monatlich 5,20 € abzusetzen seien.

Wenngleich die DVO nicht bindend sei, da § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. a) ZPO allein auf § 82 Abs. 2 SGB XII und nicht auch auf die auf der Grundlage von § 96 Abs. 1 SGB XII erlassene DVO verweise, orientierten sich die Bestimmungen der Verfahrenskostenhilfe dennoch weitgehend an den Regelungen des SGB XII. Daher sei es sachgerecht, zur Feststellung des nach § 115 ZPO einzusetzenden Einkommens wie auch bei der Ermittlung des sozialhilferechtlichen Einkommens auf die die Abzugsbeträge nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII konkretisierende DVO zurückzugreifen (so u. a. auch OLG Dresden, Beschl. v. 25.10.2010 — 24 WF 914/10, FamRZ 2011, 911, 912 = DRsp Nr. 2011/860; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.01.2009 — 2 UF 102/08, FamRZ 2009, 1165, 1166 = DRsp Nr. 2009/26570). Während das SGB XII lediglich eine Mindestsicherung garantieren solle, orientiere sich die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit am Lebensstandard des Unterhaltsberechtigten und -verpflichteten. Daher könnten familienrechtliche Grundsätze nicht ohne Weiteres auf den sozialrechtlichen Einkommensbegriff übertragen werden (so aber OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.01.2009 — 2 UF 102/08, FamRZ 2009, 1165, 1166 = DRsp Nr. 2009/26570).

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH bestätigt die bisher bereits vorherrschende Meinung in der OLG-Rechtsprechung. Sie erteilt der Gegenmeinung, die Fahrtkosten nach unterhaltsrechtlichen Leitlinien ermittelt wissen will, eine eindeutige Absage. Dies dürfte ebenso für die Auffassung gelten, wonach die Fahrtkosten analog § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG (so die st. Rspr. des OLG Saarbrücken, z.B. Beschl. v. 18.02.2010 — 6 WF 20/10, DRsp Nr. 2010/8470) oder Nr. 2 JVEG (so OLG Celle, OLGR 2009, 324) zu ermitteln sein sollen. Denn schließlich ordnet die ganz herrschende Meinung die staatliche Kostenhilfe systematisch dem fünften bis neunten Kapitel des SGB XII zu (so u. a. BGH, Beschl. v. 10.06.2008 - VI ZB 56/07, FamRZ 2009, 497 = DRsp Nr. 2008/13238; OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.04.2006 — 7 WF 266/06, FamRZ 2006, 1398).

Dies gilt nach Ansicht des BGH ausdrücklich auch in Ansehung des Umstandes, dass die DVO mangels Verweises auf deren Ermächtigungsgrundlage im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe nicht bindend ist. Die streitige Begrenzung der Fahrtkosten bei Anwendung der DVO auf 40 km einfacher Entfernung konnte der BGH hier noch dahinstehen lassen.

BGH, Beschl. v. 13.06.2012 - XII ZB 658/11, DRsp Nr. 2012/14723