Hausrecht in Studenten-WG
Darum geht es
Der seinerzeit 26 Jahre alte Sohn der im Jahre 1948 geborenen Klägerin aus Hagen wohnte im Jahre 2012 in einer Studenten-WG in Dortmund. Während seines Urlaubs im August 2012 bat er die Klägerin auf die Wohnung aufzupassen und seine Haustiere, er hielt dort 2 kleine Katzen und ein Meerschweinchen, zu versorgen. Dies tat die Klägerin, indem sie sich während der Abwesenheit ihres Sohnes in der Wohnung aufhielt. Ein anderer Mitbewohner der WG, seinerzeit 29 Jahre alt, widersprach dem dauernden Aufenthalt der Klägerin in der Wohnung und forderte sie auf, diese zu verlassen.
Da die Klägerin der Aufforderung nicht nachkam, verständigte der Mitbewohner die Polizei. Nachdem 2 Polizeibeamte vor Ort geklärt hatten, dass der Mitbewohner, nicht aber die Klägerin, in der Wohnung amtlich gemeldet war, forderten auch sie die Klägerin zum Verlassen der Wohnung auf. Dem kam die Klägerin nicht nach, sondern versuchte ihren zwischenzeitlich herbeigerufenen Ehemann, der ebenso wie sie kein Mitglied der WG war, Zutritt zur Wohnung zu verschaffen. Dies verhinderten die Polizeibeamten, indem sie die Klägerin an den Armen festhielten und – so die Klägerin – gegen die Wohnungstür drückten.
Erst nach diesem Tumult verließ die Klägerin freiwillig die Wohnung. Die Klägerin hat den Polizeieinsatz für rechtswidrig gehalten und vom Land Nordrhein-Westfalen aufgrund einer vermeintlichen Amtspflichtverletzung ein Schmerzensgeld i.H.v. 1.200 € verlangt. Nach ihrem Vortrag hat sie bei dem Polizeieinsatz schmerzhafte Prellungen und Hämatome am Oberkörper und ihren Armen erlitten.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Schadensersatzverlangen der Klägerin ist erfolglos geblieben. Der Klägerin steht aufgrund des Polizeieinsatzes kein Schadensersatzanspruch gegen das beklagte Land zu.
Dabei könne zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie die von ihr vorgetragenen Verletzungen durch den Polizeieinsatz erlitten habe. Die Verletzungen seien jedoch nicht Folge eines amtspflichtwidrigen Handelns der Polizeibeamten. Diese hätten vielmehr rechtmäßig gehandelt. Sie seien berechtigt gewesen, gegen die Klägerin einen Platzverweis auszusprechen und diesen sodann mit unmittelbarem Zwang durchzusetzen.
Von der Klägerin sei eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Ihr dauerhafter Aufenthalt in der Wohnung habe das Hausrecht des Mitbewohners verletzt. Dieser sei berechtigt gewesen, die Klägerin aus der Wohnung zu verweisen. Der Sohn der Klägerin habe ihr zwar die Schlüssel überlassen und das Betreten der Wohnung gestatten dürfen, damit die Klägerin die Haustiere habe versorgen können. Er habe ihr aber keinen dauerhaften, sich über mehrere Tage hinziehenden Aufenthalt in den auch gemeinschaftlich zu nutzenden Räumen der Wohnung erlauben können. Eine studentische Wohngemeinschaft sei auf das Zusammenleben regelmäßig jüngerer Erwachsener in einer vergleichbaren Lebenssituation ausgerichtet.
Neben Räumen, die ein einzelner allein nutze, verfüge sie über von allen Mitbewohnern gemeinsam zu nutzende Räume. Der dauerhafte Aufenthalt von Angehörigen einer anderen Generation in diesen Räumen sei ihr fremd. In einer Wohngemeinschaft suchten zudem ihre Mitglieder neue Mitbewohner aus. Das lasse es nicht zu, einen Mitbewohner durch seine Mutter, und sei es auch nur über einige Tage, auszutauschen.
Die hinzu gerufenen Polizeibeamten hätten das durch die Klägerin dauerhaft verletzte Hausrecht des Mitbewohners durchsetzen dürfen. In den Abendstunden des Polizeieinsatzes habe der Mitbewohner sein Hausrecht nicht selbst kurzfristig zivilrechtlich schützen können. Darüber hinaus habe das Verhalten der Klägerin den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt, nachdem sie auch nach der Aufforderung des Mitbewohners zum Verlassen der Wohnung in derselben verblieben sei.
Nachdem die Klägerin nicht bereit gewesen sei, der rechtmäßigen Anordnung der Polizeibeamten zum Verlassen der Wohnung Folge zu leisten, sondern sichtlich bestrebt gewesen sei, die Verletzung des Hausrechts durch das Einlassen ihres Ehemannes in die Wohnung zu intensivieren, hätten die Polizeibeamten ihr gegenüber unmittelbaren Zwang zur Durchsetzung des zuvor ausgesprochenen Platzverweises anwenden dürfen. Dieser sei auch nicht mit unverhältnismäßigen Mitteln ausgeübt worden. Die Klägerin sei – dies habe ihre Anhörung durch den Senat ergeben – nicht durch gezieltes Einwirken der Beamten, sondern in dem Tumult verletzt worden, den sie infolge des Versuchs, die Wohnungstür für ihren Ehemann zu öffnen, selbst verursacht habe.