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BSG - Entscheidung vom 15.02.2018

B 9 SB 6/17 BH

Normen:
ZPO § 115 Abs. 3
BGB § 1360a Abs. 4

BSG, Beschluss vom 15.02.2018 - Aktenzeichen B 9 SB 6/17 BH

DRsp Nr. 2018/3487

Feststellung von Behinderungen sowie von Nachteilsausgleichen PKH-Verfahren Einsatz von Vermögen der Eltern Prozesskostenvorschuss Bedürftigkeit des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Pflichtigen

1. Minderjährige Kinder können in analoger Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB von ihren Eltern für erfolgversprechende Verfahren, die eine persönliche Angelegenheit betreffen, einen Prozesskostenvorschuss verlangen, falls dies der Billigkeit entspricht. 2. Die Verpflichtung hat ihren Grund in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und ergibt sich aus einer besonderen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen. 3. Der Anspruch setzt die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen voraus.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. November 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

ZPO § 115 Abs. 3 ; BGB § 1360a Abs. 4 ;

Gründe:

Der minderjährige, von seinen Eltern vertretene Kläger hat für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen LSG vom 7.11.2017 - seinen Eltern zugestellt am 7.12.2017 - mit einem von seinen Eltern unterzeichneten Schreiben vom 7.11.2017, das am selben Tag beim BSG eingegangen ist, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes beantragt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf PKH unter Beiordnung eines anwaltlichen Bevollmächtigten.

Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Der Kläger ist zwar selbst nicht in der Lage aus seinem Einkommen die Kosten für die Prozessführung aufzubringen. Nach § 115 Abs 3 ZPO hat er jedoch sein Vermögen einzusetzen. Hierzu gehört auch ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen seine Eltern, der die Bedürftigkeit im Rahmen der PKH vorliegend entfallen lässt. Minderjährige Kinder können in analoger Anwendung des § 1360a Abs 4 BGB von ihren Eltern für erfolgversprechende Verfahren, die eine persönliche Angelegenheit betreffen, einen Prozesskostenvorschuss verlangen, falls dies der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung hat ihren Grund in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und ergibt sich aus einer besonderen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen (BGH Beschluss vom 4.8.2004 - XII ZA 6/04). Der Anspruch setzt die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen voraus (vgl OLG Karlsruhe Beschluss vom 29.2.2016 - 20 WF 25/16).

Die Feststellung von Behinderungen sowie von Nachteilsausgleichen betrifft eine persönliche Angelegenheit, denn der Kläger macht aufgrund seiner Behinderung Ansprüche geltend. Grundsätzlich geht der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss dem auf PKH vor. Der Beschwerdeführer vertreten durch seine Eltern, hat hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner unterhaltspflichtigen Eltern keine Angaben gemacht, obwohl er insoweit darlegungspflichtig ist (vgl Geimer in Zöller, ZPO , 32. Aufl 2018, § 115 RdNr 69 mwN). Auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 21.12.2017 hatten die Eltern mit Schriftsatz vom 29.12.2017 "weitergehende Erklärungen" abgelehnt. Der Senat kann daher nicht prüfen, ob die Bedürftigkeit des Klägers aufgrund eines Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss gegen seine Eltern entfällt. Der Beschwerdeführer hat auch nicht vorgetragen, dass der Anspruch nicht besteht oder nicht durchgesetzt werden kann. Hierfür sind mangels Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen auch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass für ihn die Inanspruchnahme seiner Eltern unzumutbar ist.

Vorinstanz: LSG Sachsen, vom 07.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 SB 153/16
Vorinstanz: SG Dresden, vom 18.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 13 SB 248/14